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Erfahrungen mit Klimahütten und deren Be- oder Entlüftung

Ich habe mir mehrere verschiedene Klimahütten selbst gebaut und mit oder ohne Lüfter betrieben.

Die verwendeten Davis-Stationen bringen zwar von Haus aus einen Strahlungsschutz mit. Zumindest die einfache, passive (d.h. nicht belüftete) Version erfüllt ihre Funktion aber nicht gut. Laut Davis und nach eigener Erfahrung kann es bei diesem serienmäigen Strahlenschutz bei intensiver Sonneneinstrahlung und Windstille zu Temperatur-Überhöhungen von mehreren Grad Celsius kommen. Damit wollte ich mich nicht abfinden und statt dessen versuchen, einen besseren Strahlenschutz zu realisieren.

Ich habe dann im Lauf der Zeit drei verschiedene Klimahütten gebaut, in denen der Temperatur-Feuchte-Sensor plaziert wurde und in die ich zum Teil einen Lüfter integriert habe. Hier nun meine Erfahrungen:

Die erste Version verfügte gegenüber der Serie über ein deutlich vergrößertes Volumen und war mit dünnen, symetrisch V-förmigen Holzlamellen ausgestattet, wie in dieser Zeichnung in der Mitte dargestellt. Die Lammellen waren ein wenig überlappend angeordnet, damit keine Sonnenstrahlen direkt ins Innere gelangen konnten und trotzdem der Wind das Gehäuse durchstreifen konnte.

Durch Vergleiche mit den Messwerten der Wetterstation in Münsingen-Apfelstetten, in 6km Entfernung vom Deutschen Wetterdienst betrieben und exakt auf gleicher Höhe von 750mNN liegend, bekam ich den Eindruck, trotzdem an sonnigen Tagen zu hohe Temperaturen zu messen. Daraufhin habe ich mir einen solarbetriebenen Lüfter angeschaft und probeweise an der Wetterhütte angebracht. Es stellte sich heraus, daß dadurch bei Sonnenschein die maximale Temperatur in der Hütte zum Teil über 2 Grad gesenkt werden konnte. Die dünnen Lamellen haben sich trotz 4fachem weißem Anstrich in der Sonne leicht aber spürbar erwärmt und die Wärme über ihre Rückseite ins Innere abgegeben. Die Erwärmung der Lamellen kann man übrigens durch Anfühlen zum Einen auf der Sonnenseite, zum Anderen auf der Schattenseite, gut feststellen. Weiterhin gelangt die von der schrägen Vorderseite der einfachen Lamellen durch thermische Konvektion aufsteigende erwärmte Luft noch zu leicht ins Innere, deshalb sollten die Lamellen besser unsymetrisch V-förmig konstruiert sein, entsprechend der Darstellung ganz rechts in der Zeichnung. Ich entschloß mich also schnell, eine neue Klimahütte zu bauen, die besser an den Vorbildern Solcher orientiert ist, wie sie der Deutsche Wetterdienst früher verwendet hat. Zur Überbrückung beließ ich zunächst den Lüfter in der alten Hütte.

Den Lüfter hatte ich an der Unterseite des Gehäuses angebracht, so daß die Luft von unten angesaugt und in die Hütte geblasen wurde. Das funktionierte erstaunlich gut, meine Vergleiche mit Münsingen-Apfelstetten fielen nun zufriedenstellend aus. Allerdings behinderte der ja nur bei Sonnenschein laufende Lüfter sicherlich den wichtigen Luftaustausch von unten her, außerdem könnte so zumindest theoretisch eine Beeinflussung durch die Abwärme des Lüftermotors entstehen. Letzteres könnte man sich zum Beispiel bei einer (durch Insekten verursachte?) Blockade des Lüfters vorstellen.

Meine zweite Klimahütte verfügte über dickere, unsymetrisch V-förmige und weit überlappende Lamellen, entsprechend der Zeichnung, rechts. Außerdem wurde beim Boden und beim doppelbödigem Dach besonders auf guten Luftdurchlass geachtet und es wurden zusätzliche Lackschichten aufgetragen. Diese Version war zwar wesentlich besser als die Erste. Als ich probeweise auch hier den Lüfter mal eingebaut habe, mußte ich feststellen, das ich damit die angezeigte Temperatur noch immer absenken konnte, zum Teil um mehr als 1 Grad. Deshalb entschloß ich mich, den Lüfter nun als Dauereinrichtung zu verwenden. Vielleicht ist bei einer passiven Klimahütte mit größerem Volumen der Aufheizungseffekt geringer, aber stattfinden wird er in der Praxis immer.

Um den Lüfter dauerhaft und möglichst optimal zu integrieren, habe ich einen sehr großen Aufwand betrieben und trotzdem einen entscheidenden Fehler gemacht. Ich habe extrem aufwändig ein neues Dach für meine Hütte gebaut, in welches ein Lüfter integriert ist, der die Luft aus der Mitte der Hütte in Sensornähe absaugt und über Entlüftungskanäle im Dach rundherum ausbläst. Der Fehler: Eine aus Lamellen aufgebaute, rundherum offene Klimahütte sollte man nicht entlüften, sondern von unten oder von Norden her belüften! Ich konnte nämlich feststellen, daß die Entlüftung dazu führt, das vermehrt Luft nachgeführt wird, die über die in der Sonne zum Teil leicht aufgeheizten Lammelen streift und so zusätzlich Wärme in die Hütte transportiert.

Diese Erkenntnis, die langsam zerfallende Holzkonstruktion des Gestells und die darmit zusammenhängende Neuanschaffung einer zweiten Messstation führten schließlich zum Bau einer weiteren, nun von Anfang an auf permanente Entlüftung ausgelegten dritten Bauversion. Mit dieser bin ich derzeit äußerst zufrieden und konnte bisher keine Schwächen feststellen. Die Messergebnisse sind eindeutig präziser, was weiter unten verdeutlicht werden soll. Doch zunächst zum Aufbau

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Da ich nun eine wartungsfreundliche, robuste und wetterfeste Lösung anstrebte, habe ich mich entschlössen, keine lamellenbasierte, rundherum offene Klimahütte mehr zu bauen, sondern ein permanent belüftetes, einem senkrechten Rohr vergleichbares Sensorgehäuse, was deutlich einfacher zu bauen ist. Für mich war dabei wichtig, daß ich bei dieser auf permanente Belüftung ausgelegten Konstruktion auch im Fall eines Lüfterausfalls (der Strom kann immer mal ausfallen) noch relativ gute Messwerte erhalte. Daher sollte mein Sensorgehäuse mit einem "Bypass" für passive Konvektion, einem zusätzlichen, nach unten und nach Norden komplett offenen extenen Strahlenschutz und einer Notstromversorgung mit Solarstrom ausgestattet sein. Zur Verdeutlichung mag diese Zeichnung dienen. Das Sensorgehäuse wird bei dieser Konstruktion praktisch nie direkt vom Sonnenlicht bestrahlt und reagiert durch den permanenten Luftstrom sehr schnell auf Temperaturänderungen. Eine Seite des Gehäuses kann heruntergeklappt und die Sensoreinheit mit einem Handgriff gewechselt werden. Auch der Lüfter kann mit einem Handgriff ausgetauscht werden. Er braucht in der verwendeten Konstruktion nur mit sehr geringer Drehzahl betrieben werden, was beim Einsatz eines dafür geeigneten Lüfters die Lebensdauer stark erhöht. Zur Energieversorgung reicht ein kleiner 1,5 Watt Blocktrafo. Ein Leerrohr für elektrische Kabel vom Haus zur Station brauche ich ohnehin: Zum Einen da ich nun eine Kabelversion betreibe und zum Anderen für die Energieversorgung der Regenmesserheizung.

Gegenüber der lamellenbasierten passiv oder aktiv entlüfteten Klimahütte, wie oben beschrieben, ergab sich ein Gewinn an Messgenauigkeit, der in einem einjährigen Parallelbetrieb (VantagePro und VantagePro2) nachgewiesen wurde. Ich habe von jedem Tag dieses Zeitraums ein Vergleichsdiagramm beider Temperaturmessungen erstellt (Zum Vergleich VantagePro/VantagePro2 siehe auch hier). Beispielhaft seien hier drei typische Messkurven vorgestellt:

Man kann folgendes erkennen: Am sonnigen Tag ist die in der alten Hütte gemessene Temperatur (blaue Kurve) tagsüber, während die Sonne auf die Lamellen scheint, sichtbar höher als die in der neuen Hütte gemessene (rote Kurve). In der übrigen Zeit ist kaum ein Unterschied sichtbar. Über Mittag, wenn die Sonne vornehmlich auf das Dach scheint, liegen die Lamellen zum Großteil in dessen Schatten und dadurch ist der Unterschied hier ebenfalls geringer. Dieser "Mittagseffekt" ist übrigens nur im Sommer, wenn die Sonne hoch steht, so ausgeprägt, an sonnigen Tagen im Winter wird er kaum sichtbar: Durch die tief stehende Sonne werden die Lamellen dann durchgängig beschienen.

Das Beispiel aus dem Oktober zeigt den typischen Verlauf eines Tages ohne nennenswerten Sonnenschein, es sind praktisch keine Abweichungen im Temperaturverlauf erkennbar.

Was man im November-Diagramm gut erkennen kann, ist die kürzere Reaktionszeit bei schnellen Temperaturänderungen, deren Spitzen dadurch besser erfaßt werden. Dabei sollte man bedenken, das auch die alte Hütte (blaue Kurve) zu diesem Zeitpunkt über eine permanente Entlüftung verfügte und dadurch bereits beschleunigt reagierte!

Die hier gezeigten Messprotokolle sind nur beispielhaft, wenngleich sie so ausgesucht wurden, das die beschriebenen Effekte darin besonders deutlich zu erkennen sind. Prinzipiell sind diese Effekte aber an fast allen Tagen erkennbar.

Was die Lebensdauer des Lüfters angeht, habe ich bisher folgende Erfahrung: Der Lüfter (Papst 3412 NLE, ca. 30 EUR) ist eine spezielle Ausführung für eine variable Eingangsspannung von 8 bis 15 Volt. Anfangs hing er direkt am Solarpanel und wurde dabei auch mit Spannungen betrieben, die zum Teil deutlich unter bzw. über den zulässigen Werten lagen, je nach Sonnenschein 0 bis 19 Volt. Im Winter wurde er zusätzlich immer dann betrieben, wenn die Regenmesserheizung eingeschaltet war, zum Teil also rund um die Uhr. Nach etwa 4 Jahren wurde auf Dauerbetrieb umgestellt, dadurch lagen nun immer konstant 11 Volt an. Ein Jahr nach Einführung des Dauerbetriebs - also nach 5 Jahren Betrieb unter den genannten Bedingungen - hatte ich dann den ersten Ausfall. Der Ersatzlüfter (gleicher Typ) ist nun seit über zwei Jahren im Dauerbetrieb, ein Zweiter wird seit April 2011 in der neuen Wetterstation permanent mit 8,5 Volt betrieben - ich rechne unter diesen günstigen Bedingungen mit einer Lebenserwartung von weit über 5 Jahren. Achtung aber bei solarbetriebenen Lüftern, damit diese nicht mit zu hohen Spannungen betrieben werden - notfalls Begrenzung einbauen!

Ich möchte auch noch darauf hinweisen, das es bei einer guten, lamellenbasierten Klimahütte, die belüftet werden soll, nicht unbedingt notwendig ist, diese permanent zu belüften. Es reicht meistens eine einfache Lösung mit einem solarbetriebenem Lüfter einzusetzen, die prinzipiell immer dann aktiv wird wenn es sinnvoll ist: Nämlich dann, wenn die Sonne scheint. Dafür braucht man dann kein Kabel im Garten und der einzige Nachteil sind die etwas schlechter erfaßten Temperaturspitzen in den Zeiten, wenn die Sonne nicht scheint.

Noch ein Wort zur aktiven Belüftung: Ich habe schon Aussagen gelesen, deren Verfasser der Meinung waren, das ein Lüfter eine Abkühlung der Sensoren bewirken könne. Solche Effekte konnte ich nie beobachten. Es leuchtet mir auch nicht ein, allenfalls bei Verdunstung von (Tau-)Wasser könnte man sich eine Abkühlung erklären. Durch die permanente Luftströmung wird aber eher vermieden, das sich Kondenswasser bildet - was meiner Meinung nach in einer wie auch immer gearteten Klimahütte sowieso nicht passiert.

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